KIM&CHANG
IP-Newsletter | Sommer/Herbst 2016
PATENTE
IPTAB: Verlängerte Patentlaufzeit deckt alle Arzneimittel mit dem gleichen zugelassenen Wirkstoff und der gleichen Verwendung ab
Mee-Sung SHIM, Tae Min KIM, Jee Yeon HAN, Inchan Andrew KWON
In Korea kann die Laufzeit für ein Patent, das ein zugelassenes Arzneimittel abdeckt, verlängert werden, um Verzögerungen auszugleichen, die auf den Arzneimittelzulassungsprozess zurückzuführen sind. Nach Artikel 95 des koreanischen Patentgesetzes kann das Patent jedoch während der verlängerten Laufzeit nur gegen Arzneimittel durchgesetzt werden, die in gleicher Weise wie das zugelassene Produkt verwendet werden.

Allerdings war unklar, ob eine verlängerte Patentlaufzeit, die in Bezug auf ein einen einzigen Wirkstoff enthaltendes, zugelassenes Produkt erteilt wurde, ebenfalls ein Kombinationsprodukt abdeckt, das den Wirkstoff des zugelassenen Produkts sowie einen oder mehrere weitere Wirkstoffe aufweist. Eine Entscheidung der Spruch- und Beschwerdekammer für Geistiges Eigentum (Intellectual Property Trial and Appeal Board, kurz IPTAB) im April 2016, die mehrere Schutzumfangsbestätigungsverfahren beendet, welche von koreanischen Generikaherstellern gegen das selbe koreanische Arzneimittelpatent eingereicht wurden, hat diese Frage bejaht.

Hintergrund

Das betreffende Patent gehört einem Innovator-Arzneimittelunternehmen und beansprucht eine Gruppe von Verbindungen, die eine allgemeine chemische Formel gemeinsam haben, sowie mehrere medizinische Verwendungen für die Verbindungen. Dem Patent wurde eine Patentlaufzeitverlängerung bewilligt auf der Grundlage einer zugehörigen Zulassung für ein zur Behandlung von Hypercholesterolemia verwendetes Einzelwirkstoff-Arzneimittel, das eine der beanspruchten Verbindungen als Wirkstoff („A“) enthält.

Die Antragsteller in dem oben-erwähnten Schutzumfangbestätigungsverfahren sind koreanische Generikahersteller, die Zulassungen für Generikum-Arzneimittel erhielten, welche sowohl den Wirkstoff A als auch einen weiteren Wirkstoff enthaltende Kombinationsprodukte waren. Das Kombinationsprodukt war auch dazu da, Hypercholesterolemia zu behandeln. Die Generikahersteller strebten eine Entscheidung an, dass deren Generikaprodukte während der verlängerten Patentlaufzeit außerhalb des Schutzumfangs des Streitpatents waren, mit der Begründung, dass die verlängerte Laufzeit auf das zugelassene Arzneimittelprodukt, das einen einzelnen Wirkstoff beinhaltet, beschränkt sei und somit keine Kombinationsprodukte abdecken könne.

Entscheidung

Die Antragsteller argumentierten, dass Produktzulassungen für ein Kombinationsarzneimittelprodukt, das A und einen weiteren Wirkstoff enthält, separat erlangt werden müssen. Insbesondere argumentierten die Generikaunternehmen, dass deren Kombinationsprodukt als ein sich von dem zugelassenen Einzelwirkstoffprodukt unterscheidendes, anderes Produkt angesehen werden sollte. Folglich argumentierten die Generikaunternehmen, dass gemäß Artikel 95 des Patentgesetzes das Patent während der verlängerten Laufzeit nicht das Kombinationsprodukt abdecke.

Die IPTAB stellte zunächst klar, dass die in Frage stehende Arzneimittelzulassung die Verwendung von A (als Wirkstoff) für die Behandlung von Hypercholesterolemia genehmigt. Folglich deckt der durchsetzbare Schutzbereich des betreffenden Patents während der verlängerten Laufzeit die Verwendung von A für die Behandlung von Hypercholesterolemia ab.

Die IPTAB nahm dann Bezug auf einen früheren Patentverletzungsfall, der festhielt, dass der Schutzumfang während der verlängerten Laufzeit alle Produkte mit dem gleichen Wirkstoff, Funktion und Wirkung wie das zugelassene Produkt abdecken sollte, ungeachtet der unterschiedlichen Dosierungen, Mengen, Vorbereitungsmethoden usw., weil verlängerte Patentlaufzeiten nutzlos wären, wenn der Schutzumfang eines Patents während der verlängerten Laufzeit gerade auf das gleiche Produkt wie das zugelassene Produkt (mitsamt allen Inhaltsstoffen des zugelassenen Produkts außer dem Wirkstoff) beschränkt wäre (Landgericht Seoul-Mitte, einstweilige Verfügung, Aktenzeichen 2009 Kahap 235 vom 19. März 2009).

Im Anbetracht des Vorstehenden folgerte die IPTAB, dass das Kombinationsprodukt auch während der verlängerten Laufzeit von dem Streitpatent abgedeckt sei, weil das Kombinationsprodukt den gleichen Wirkstoff A wie das zugelassene Produkt enhielt und die gleiche Verwendung (zum Behandeln von Hypercholesterolemia) aufwies.

Bedeutung

Dies ist die erste Entscheidung in Korea, in der ein eine Einzelwirkstoff-Arzneimittelzulassung abdeckendes Patent gegen Kombinationsarzneimittelprodukte, die den gleichen Wirkstoff enthalten, während der verlängerten Laufzeit des Patents verwendet wurde. Die Entscheidung scheint im Einklang mit der Mehrheitsmeinung in der koreanischen Patentgemeinschaft in Bezug auf den geeigneten Standard zur Feststellung von Patentverletzungen während verlängerter Laufzeiten (ob das beschuldigte Produkt den gleichen Wirkstoff und die gleiche Verwendung wie das zugelassene Produkt hat) zu sein.
zurück zur Hauptseite