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PATENTE
Patentfähige Gegenstände bei computer-implementierten Erfindungen in Korea
Ho-Yeon LEE, Stephen T. BANG
Allgemein gesagt, werden nach dem koreanischen Patentgesetz (kurz Patentgesetz) Softwareerfindungen und Erfindungen zu Geschäftsmodellen (häufig gemeinsam als computer-implementierte Erfindungen bezeichnet) ähnlich behandelt wie andere Erfindungen. Das heißt, das Patentgesetz kennt keine Vorschriften, die speziell computer-implementierte Erfindungen regeln, und Anmeldungen für computer-implementierte Erfindungen unterliegen den gleichen gesetzlichen Patentierungsvoraussetzungen, die für Patentanmeldungen im Allgemeinen gelten (z.B. Voraussetzungen der Neuheit, erfinderischen Tätigkeit und Offenbarung).

Auch wenn derartige Vorschriften im Patentgesetz fehlen, finden sich die aufschlussreichsten Informationen für Praktiker, Prozessanwälte und Anmelder in den „Prüfungsrichtlinien für computer-implementierte Erfindungen“ (kurz „Richtlinien“), die am 1. Juli 2014 herausgegeben wurden und von den KIPO-Prüfern beim Prüfen computer-implementierter Erfindungen als geltender Standard verwendet werden. Die Richtlinien wurden erstmals im November 1984 herausgegeben und zwischenzeitlich mehrmals überarbeitet, zuletzt im Juli 2014. Die Richtlinien legen unter anderem die Voraussetzungen für patenfähige Gegenstände, Regeln zur Anspruchsformulierung und Standards zur Erfindungshöhe dar, die im Allgemeinen auf Präzedenzfällen basieren.

Anders als in vielen anderen Rechtsordnungen wird in Korea ausdrücklich eine Definition im Patentgesetz bereitgestellt, was eine „Erfindung“ begründet. Artikel 2 des koreanischen Patentgesetzes definiert eine Erfindung als „eine fortgeschrittene Schaffung von technischen Ideen unter Anwendung von Naturgesetzen“. Diese Definition einer Erfindung gilt gleichermaßen für computer-implementierte Erfindungen.

Gemäß Abschnitt 2.2 der Richtlinien ist solch eine Schaffung von technischen Ideen im Allgemeinen dahingehend zu verstehen, dass ein konkretes Mittel gemeint wird, welches eine Kombination von Software und Hardware (oder eine Geräteimplementierung) beinhaltet, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das heißt, im Zusammenhang von computer-implementierten Erfindungen wird eine durch Zusammenwirken von Software und Hardware realisierte Informationsverarbeitung (nämlich in einer Weise, dass Informationsverarbeitung durch Software unter Verwendung von Hardware konkret realisiert wird) als eine Schaffung von technischen Ideen unter Anwendung von Naturgesetzen angesehen. Diese Voraussetzung spiegelt im Wesentlichen eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (Entscheidung des Obersten Gerichtshofes Nr. 2001-Hu-3149) vom 16. Mai 2003 wider.

Beachtenswert ist, dass, während die wegweisende US-Entscheidung in Alice Corp. v. CLS Bank International die gesetzlichen Standards für Softwareerfindungen erheblich verändert hat, es keine vergleichbare Entscheidung oder andere relevante Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in Korea gab, welche die gesetzliche Definition einer Erfindung, wie sie auf Computerprogramme anwendbar ist, weiter verändert oder klargestellt hat. Somit ist das Gesetz in Korea seit 2003 relativ unverändert und wir haben bisher keine beachtenswerte Veränderung der Prüfungspraxis des KIPO hin zu einer strengeren Prüfung von computer-implementierten Erfindungen festgestellt.

Anspruchskategorien für compluter-implementierte Erfindungen

Nach den derzeitigen Richtlinien können computer-implementierte Erfindungen in eine der folgenden Formen beansprucht werden:
a) Einrichtung (Vorrichtung)
b) Prozess (Verfahren)
c) Computer-lesbares Medium (z.B. Diskette, CD)
d) Auf einem Medium abgespeichertes Computerprogramm (am 1. Juli 2014 hinzugefügt)
Nachstehend sind zulässige Patentanspruchsformbeispiele, wie sie in den Richtlinien vorgesehen sind, aufgeführt.
Beispielhafte Formen für auf computerlesbare Medien gerichtete Ansprüche
[Beispiel 1]
Ein computerlesbares Medium, auf dem ein Programm abgespeichert ist, welches bewirkt, dass ein Computer Schritt A, Schritt B, Schritt C usw. ausführt.
[Beispiel 2]
Ein computerlesbares Medium, auf dem ein Programm abgespeichert ist, um zu ermöglichen (oder zu bewirken), dass ein Computer als Mittel A, Mittel B, Mittel C usw. fungiert.
[Beispiel 3]
Ein computerlesbares Medium, auf dem ein Programm zum Implementieren auf einem Computer der Funktion A, Funktion B, Funktion C usw. abgespeichert ist.
[Beispiel 4]
Ein computerlesbares Medium, auf dem Daten mit Struktur A, Struktur B, Struktur C usw. abgespeichert sind.
Beispielhafte Formen für Computerprogramm-Ansprüche (am 1. Juli 2014 hinzugefügt)
Ein auf einem Medium abgespeichertes Computerprogramm zum Ausführen von Schritt A, Schritt B, Schritt C usw. auf einer Rechenmaschine.
Abgesehen von diesen Anspruchsformen sind Ansprüche, die auf ein Computerprogramm als solches (nicht auf einem computerlesbaren Medium abgespeichert), ein Programmsignal oder eine Serie von Programmsignalen, ein Programmprodukt und eine Programmausgabe gerichtet sind, nicht erlaubt. Insbesondere weist das KIPO auf ein Computerprogramm als solches gerichtete Ansprüche zurück, weil die Kategorie der beanspruchten Erfindung unklar ist dahingehend, ob es sich um ein Verfahren oder ein Produkt handelt. Wie oben erläutert, wurden bei der Überarbeitung der Richtlinien die zulässigen Formen zum Beanspruchen von computer-implementierten Erfindungen so geändert, dass Computerprogramm-Ansprüche, die nicht als computerlesbares Medium formuliert sind, erlaubt sind, solange diese als auf einem Medium abgespeichert beansprucht werden, so dass das Programm in Verbindung mit Hardware (d.h. auf einem Medium abgespeichertes Computerprogramm) verwendet wird. Obwohl ein „auf einem Medium abgespeichertes Computerprogramm“ nicht die Formulierung „computerlesbar“ vor dem Begriff „Medium“ erfordert, ist dies kein Versuch, die Bedeutung von „Medium“ so zu erweitern, dass nicht computerlesbare Medien umfasst werden. Vielmehr liegt die praktische Anwendung dieser neuer Anspruchsform darin, dass diese im Wesentlichen wie ein auf ein computerlesbares Medium gerichteter Anspruch behandelt wird. Dies wird im Allgemeinen von Anwälten als ein Versuch des KIPO empfunden, die Formalitäten zum Beanspruchen von computer-implementierten Erfindungen zu erleichtern. Anmelder können nun von dem Gebrauch dieser Anspruchsform profitieren. Jedoch gibt es noch keine Rechtsprechung oder weitere Orientierung vom KIPO oder den Gerichten, inwieweit sich diese Anspruchsform gegebenenfalls bei der Verletzungsbeurteilung von einem auf ein computerlesbares Medium gerichteten Anspruch unterscheidet was den Schutzbereich betrifft.

Indes weisen KIPO-Prüfer häufig Ansprüche als unklar zurück, die auf ein bestimmtes Element bzw. eine bestimmte Komponente gerichtet sind, wenn die detaillierte Erläuterung nahelegt, dass das Element bzw. die Komponente in „Software“ realisiert werden kann. Insbesondere für Ansprüche, die auf eine „graphische Benutzeroberfläche“, ein „Schema“, ein „Werkzeug“ und eine „Engine“ (sog. Funktionseinheit) gerichtet sind (die in der detaillierten Beschreibung als in Software realisiert beschrieben wird), ist es wahrscheinlich, dass die KIPO-Prüfer solche Ansprüche mit der Begründung zurückweisen, dass der Gegenstand unklar sei. Somit ist es sicherer, Ansprüche so zu formulieren, dass diese ein „computerlesbares Speichermedium“ definieren, beispielsweise wie folgt: „Ein computerlesbares Speichermedium, auf dem ein Computerprogramm zum Implementieren einer Benutzeroberfläche / eines Schemas / eines Werkzeugs / einer Engine auf einem Computer abgespeichert ist“ oder „Eine Benutzeroberfläche / ein Schema / ein Werkzeug / eine Engine, die durch ein auf einem Medium gespeichertes Computerprogramm implementiert wird“.
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