KIM&CHANG
IP-Newsletter | Frühjahr/Sommer 2019
PATENTE
Aktueller Stand und Auswirkungen des koreanischen Patentwiderrufssystems
Jong Wook KIM, Ki Yun NAM, John J. KIM
Es ist mehr als zwei Jahre her, dass das Patentwiderrufssystem am 1. März 2017 in Korea eingeführt wurde. Basierend auf unseren umfangreichen Erfahrungen in der Vertretung von Patentwiderrufsfällen bewerten wir im Folgenden das koreanische Patentwiderrufssystem im Detail.
Zahlen zum Patentwiderruf
Laut Statistiken des koreanischen Amts für geistiges Eigentum (KIPO) wurden 287 Anträge auf Patentwiderruf gemäß Stand vom Ende März 2019 eingereicht. Die Zahl der eingereichten Widerrufsanträge erreichte ihren Höhepunkt im November 2017, als 39 Widerrufsanträge eingereicht wurden. Offenbar wurden außer in den ersten Monaten nach Einführung des neuen Widerrufssystems durchweg etwa 10 bis 15 Widerrufsanträge pro Monat eingereicht.
Mit Stand vom März 2019 hat das sog. Intellectual Property Trial and Appeal Board (IPTAB) 117 Fälle oder 41% der eingereichten Widerrufsanträge bearbeitet. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer betrug etwa 9,4 Monate.
Von allen bearbeiteten Widerrufsanträgen führten etwa 26% der Fälle zu einem Widerruf und etwa 62% der Fälle zu einer Abweisung des Widerrufsantrags (die restlichen 12% der Fälle wurden aus anderen Gründen beendet). Fast die Hälfte der eingereichten Widerrufsanträge führte nicht zur Einleitung eines materiellen Widerrufsverfahrens. Berücksichtigt man jedoch nur die eingeleiteten Widerrufsverfahren, so liegt die Widerrufsrate bei 58%.
Was die betroffenen Technologien anbelangt, betrafen 54% der eingereichten Widerrufsanträge Patente auf dem Gebiet der Chemie, 16% betrafen Patente auf dem Gebiet der Elektrotechnik und Elektronik, 15% betrafen Patente auf dem Gebiet der Mechanik und weitere 15% betrafen Patente auf zwei oder mehr der oben genannten Gebiete oder sonstige Technologien. Das KIPO hat festgestellt, dass eine Hauptzielgruppe von Widerrufsverfahren offensichtlich ausländische Chemieunternehmen sind.
Auswirkungen für die Widerrufsstrategie
Die Einleitungsphase scheint entscheidend für die Ermittlung zu sein, ob ein Widerrufsverfahren wahrscheinlich erfolgreich sein wird. Ein erheblicher Teil der gesamten Widerrufsanträge (ca. 44%) wurde ohne Einleitung des Widerrufsverfahrens zurückgewiesen. Etwa 58% der eingeleiteten Widerrufsverfahren führten jedoch zum Widerruf des Patents. Wenn also das IPTAB feststellt, dass zumindest einer der geltend gemachten Widerrufsgründe begründet ist und sich für die Einleitung des Widerrufsverfahrens entscheidet, ist es für den Patentinhaber zu diesem Zeitpunkt schwierig, die Widerrufsgründe zu überwinden.
Daher ist es sowohl für den Antragsteller als auch für den Patentinhaber äußerst wichtig, sich auf die Entscheidung über die Einleitung des Widerrufsverfahrens zu konzentrieren. Ein Mittel, das jeder Partei zur Verfügung steht, ist neben der Einreichung eines Widerrufsantrags oder der Erwiderung darauf auch ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Anhörung mit technischer Präsentation beim IPTAB-Prüfer, bevor dieser eine Entscheidung über die Einleitung des Widerrufsverfahrens fällt. Bei solch einer Anhörung können entweder die eine Partei oder beide Parteien den Sachverhalt besser erläutern.
Standardmäßig werden Patentwiderrufsfälle nur basierend auf einer Prüfung von Dokumenten entschieden, aber der Patentinhaber oder der Antragsteller können beantragen, dass das IPTAB eine Anhörung mit technischer Präsentation durchführt, um Streitfragen vor einer Entscheidung des Falls (oder sogar vor Einleitung des Widerrufsverfahrens) zu prüfen. Ob eine Anhörung mit technischer Präsentation durchgeführt wird, liegt im Ermessen des IPTAB-Prüfers. Aber in der Regel werden solche Anhörungen mit technischer Präsentation gewährt, soweit keine besonderen Umstände vorliegen. Das Format einer Anhörung mit technischer Präsentation ist einigermaßen flexibel und hängt von den Anforderungen des IPTAB-Prüfers ab. Während das Patentwiderrufsverfahren prinzipiell ein Ex-parte-Verfahren zwischen dem Patentinhaber und dem IPTAB ist, sind Anhörungen mit technischer Präsentation eine Möglichkeit, bei der der Widerrufsantragsteller unmittelbar an dem Verfahren beteiligt werden kann (nach Ermessen des Prüfers).
Patentinhaber, die auf einen Widerrufsantrag erwidern, sollten im Rahmen der ersten Erwiderung auf den Widerrufsantrag eine Korrektur der Ansprüche (Anspruchsänderung nach Patenterteilung) in Betracht ziehen. Grundsätzlich kann eine Korrektur der Ansprüche innerhalb eines Widerrufsverfahrens nur als Reaktion auf neue, von der Gegenseite vorgebrachte Argumente oder Beweismittel beantragt werden. Häufig werden in Widerrufsverfahren nach dem einleitenden Schriftsatz keine neuen Beweismittel vorgelegt, so dass ein Patentinhaber möglicherweise nur eine einzige Gelegenheit erhält, die Ansprüche als Reaktion auf einen Widerrufsantrag zu korrigieren. Sobald das IPTAB eine Entscheidung über den Widerruf des Patents erlässt, besteht insbesondere keine Möglichkeit mehr, eine Anspruchskorrektur einzureichen.
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