KIM&CHANG
IP-Newsletter | Frühjahr 2016
PATENTE
Wichtige Änderungen des koreanischen Patentgesetzes
Young Hwan YANG, Raymis H. KIM, Kyoung-Soo JIN, Hyung Won CHAE
Zwei größere Änderungen des koreanischen Patentgesetzes wurden jeweils am 4. Februar 2016 und am 3. März 2016 verabschiedet. Die Änderungen sehen einige wichtige Änderungen des koreanischen Patentverfahrens vor, wie z.B. ein neues Patentwiderrufsverfahren, eine Beweiserleichterung beim Nachweis einer Patentverletzung und eines Schadens und eine verkürzte Frist zur Stellung des Prüfungsantrags. Einige der beachtenswerten Änderungen werden nachfolgend kurz erläutert.

Neues Patentwiderrufsverfahren

Nach dem bisherigen Patentgesetz kann jedermann nach Eintragung eines Patents binnen drei Monaten nach Bekanntgabe der Eintragung des Patents ein Nichtigkeitsverfahren gegen das Patent bei der Spruch- und Beschwerdekammer für geistiges Eigentum (nachfolgend IPTAB) einreichen. Aufgrund der verfahrensrechtlichen Komplexität von Nichtigkeitsverfahren machten allerdings Dritte ohne besonderes Rechtsschutzinteresse kaum davon Gebrauch.

Das geänderte Patentgesetz lässt es nicht weiter zu, dass Dritte ohne besonderes Rechtsschutzinteresse ein Nichtigkeitsverfahren in Bezug auf ab dem 1. März 2017 eingetragene Patente einleiten, und führt stattdessen ein Patentwiderrufsverfahren ein. Danach kann jeder ab dem Eintragungstag des Patents binnen sechs Monaten nach der Veröffentlichung des eingetragenen Patents einen Antrag auf Widerruf des Patents beim IPTAB stellen, indem auf Stand-der-Technik-Dokumente basierende Widerrufsgründe gegen das Patent eingereicht werden. Das IPTAB prüft dann das Patent und der Patentinhaber erhält Gelegenheit, die Widerrufsgründe auszuräumen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Nichtigkeitsverfahren und dem neuen Patentwiderrufsverfahren ist, dass gegen eine Entscheidung, die in einem Nichtigkeitsverfahren die Rechtsbeständigkeit bestätigt, Beschwerde zum Patentgericht eingelegt werden kann, wohingegen gegen eine Entscheidung des IPTAB, das Patent in dem Widerrufsverfahren nicht zu widerrufen, keine Beschwerde möglich ist. Allerdings kann gegen eine Entscheidung, das Patent zu widerrufen, Beschwerde eingelegt werden.

Beweiserleichterung für Patentverletzung und Schaden

Bislang ist es in Korea eher schwierig für Patentinhaber, eine Patentverletzung oder einen Schaden nachzuweisen, wenn das mutmaßlich verletzende Produkt oder Verfahren nicht öffentlich verfügbar ist und daher das wichtigste Beweismittel hinsichtlich Verletzung oder Schadensersatz ausschließlich im Besitz des mutmaßlichen Verletzers ist. Obwohl das koreanische Zivilprozessgesetz es ermöglicht, dass eine Partei eine gerichtliche Anordnung auf Vorlage der relevanten Materialien durch die gegnerische Partei beantragen kann, ist in der Praxis die beschuldigte Partei oftmals in der Lage, eine Vorlage oder den gegnerischen Eingriff zu vermeiden, indem sie geltend macht, dass die geforderten Materialien Unternehmensgeheimnisse enthalten, und sie einfach die Vorlage dieser verweigert. Dies trotz des gerichtlichen Ermessens darüber, die mutmaßlich in den geforderten Materialien vorhandenen Tatsachen als erwiesen zu unterstellen, falls die Materialien nicht vorgelegt werden. Gerichte haben es in der Regel abgelehnt, rechtliche Schlüsse einzig und allein aufgrund solcher unterstellten Tatsachen zu ziehen. Daher waren Patentinhaber oftmals nicht in der Lage, ausreichende Informationen über das Produkt oder Verfahren des mutmaßlichen Verletzers zu sammeln, um die Verletzung nachzuweisen oder den angemessenen Schadensbetrag festzustellen.

Nach dem geänderten Patentgesetz können Materialien dem Gericht nicht länger vorenthalten werden, nur weil der mutmaßliche Verletzer behauptet, dass diese Unternehmensgeheimnisse enthielten, wenn die geforderten Materialien zum Nachweis der Verletzung und des Schadens notwendig sind. Stattdessen kann die vorlegende Partei bei Bedenken wegen einer möglichen Offenbarung von Unternehmensgeheimnissen beantragen, dass das Gericht den Umfang der vorzulegenden Materialien oder den Kreis der Personen mit Zugang zu den vorgelegten Materialien einschränkt, nachdem dem Gericht aufgezeigt wurde, dass die Materialien Unternehmensgeheimnisse umfassen.

Außerdem ermächtigen die Änderungen Gerichte ausdrücklich dazu, „die Tatsachen, welche die anfordernde Partei auf der Grundlage der angeforderten Materialien nachzuweisen beabsichtigt“, als erwiesen anzusehen, falls die geforderten Materialien nicht vorgelegt werden und die anfordernde Partei anderenfalls erhebliche Schwierigkeiten hätte, diese Tatsachen nachzuweisen.

Dementsprechend erleichtert das geänderte Patentgesetz Patentinhabern den Nachweis der Patentverletzung und des Schadens in Fällen, in denen die gegnerische Partei voraussichtlich die Vorlage relevanter Materialien verweigert. Die Neuregelung ist auf alle Patentverletzungsverfahren anwendbar, die ab dem 30. Juni 2016 eingeleitet werden.

Verkürzte Frist zur Stellung des Prüfungsantrags

Das koreanische Patentsystem weist ein aufgeschobenes Prüfungssystem auf, bei dem die Sachprüfung nicht automatisch mit dem Einreichen der Patentanmeldung beginnt, sondern innerhalb einer bestimmten Frist separat beantragt werden muss. Nach dem bestehenden System muss ein Antrag auf Sachprüfung binnen fünf Jahren nach dem Anmeldetag gestellt werden. Nach dem geänderten Patentgesetz wird für am oder nach dem 1. März 2017 eingereichte Anmeldungen die Frist zur Stellung eines Prüfungsantrags von fünf auf drei Jahre verkürzt. Diese Änderung wird sehr wahrscheinlich die Geschwindigkeit, mit der Patentrechte geprüft und erteilt werden, wesentlich beschleunigen. Ein Anmelder kann weiterhin durch Einreichen eines Antrags auf verzögerte Prüfung die Sachprüfung um bis zu fünf Jahre nach dem Einreichen der Anmeldung hinauszögern.

Neues Reexamination-Verfahren von Amts wegen

Nach dem neuen Reexamination-Verfahren kann der Prüfer die Entscheidung über die Erteilung eines Patents von Amts wegen widerrufen und die Prüfung der Anmeldung erneut aufnehmen, wenn nach Gewährung der Anmeldung, aber vor Eintragung der Anmeldung als Patent ein Prüfer feststellt, dass offensichtliche Zurückweisungsgründe bezüglich einer Patentanmeldung vorliegen. Das neue Reexamination-Verfahren ist auf Anmeldungen anwendbar, die ab dem 1. März 2017 gewährt werden.

Neues Gerichtsverfahren zur Ermittlung der Patentinhaberschaft

Wird ein Patent einem Patentinhaber erteilt, der keine rechtmäßigen Eigentumsrechte an dem Patent hat, ist nach dem bisherigen Patentgesetz der einzige Rechtsweg für eine Partei, die die tatsächliche Inhaberschaft des Patents beansprucht, zunächst das Patent beim IPTAB für nichtig zu erklären und dann eine neue Anmeldung einzureichen, um ein Patent im eigenen Namen zu erhalten. Dieses Verfahren ist aufwendig und kann einige davon abhalten, Eigentumsansprüche durchzusetzen, wenn unklar ist, ob das Patent wertvoll genug ist, um den Aufwand und die Kosten zu rechtfertigen.

Nach dem geänderten Patentgesetz kann eine Partei, die Eigentumsrechte geltend macht, eine Klage vor ein koreanisches Gericht bringen, um die Rechte an dem Patent auf sich übertragen zu lassen. Stimmt das Gericht dem Eigentumsanspruch des Klägers zu, kann es einfach anordnen, dass die Rechte an dem Patent von dem eingetragenen Patentinhaber auf den Kläger übertragen werden. Somit erleichtert diese Änderung die Richtigstellung von unrechtmäßigen Inhaberschaften von Patentrechten in Korea.

Größerer Geltungsbereich für erstattungsfähige Amtsgebühren

Nach dem bestehenden Patentgesetz sind Patentaufrechterhaltungsgebühren und Amtsgebühren zum Einlegen einer Beschwerde beim IPTAB im Allgemeinen nicht erstattungsfähig (außer bei irrtümlich geleisteten Zahlungen).

Nach dem geänderten Patentgesetz können diese Gebühren unter bestimmten Umständen teilweise oder vollständig erstattungsfähig sein. Zahlt beispielsweise ein Patentinhaber die Aufrechterhaltungsgebühren für mehrere Jahre und lässt anschließend das Patent fallen, sind die Aufrechterhaltungsgebühren, die für über das aktuelle Jahr hinausgehende Jahre gezahlt wurden, erstattungsfähig. Außerdem sind die Amtsgebüren, die zur Einlegung einer Beschwerde beim IPTAB gegen eine endgültige Zurückweisung gezahlt wurden, erstattungsfähig, wenn die Zurückweisung letztendlich aufgehoben wird. Dieser Teil der Änderungen tritt am 30. Juni 2016 in Kraft.

Die vollständige Liste erstattungsfähiger Amtsgebühren nach dem geänderten Patentgesetz ist wie folgt:
Patentaufrechterhaltungsgebühren, die für über das Jahr, in dem das Patent fallengelassen wurde, hinausgehende Jahre gezahlt wurden (für ab dem 30. Juni 2016 fallengelassene Patente),
alle Amtsgebühren, die zur Einlegung einer Beschwerde beim IPTAB gegen eine endgültige Zurückweisung im Zusammenhang mit einer Patentanmeldung oder einem Antrag auf Patentlaufzeitverlängerung gezahlt wurden, wenn die endgültige Zurückweisung von dem IPTAB aufgehoben wird (und die Entscheidung des IPTAB ab dem 30. Juni 2016 erlassen wird),
falls ein Verfahren beim IPTAB (z.B. eine Beschwerde gegen eine endgültige Zurückweisung, ein Nichtigkeitsverfahren oder ein Schutzumfangsbestätigungsverfahren) eingeleitet wird und dann vor dem Erhalt der Mitteilung über den Schluss des Verfahrens zurückgenomen wird, 50 % der zur Verfahrenseinleitung gezahlten Amtsgebühren (wenn das Verfahren beim IPTAB ab dem 30. Juni 2016 zurückgenommen wird),
falls ein Antrag auf Beitritt in ein Verfahren des IPTAB eingereicht wird und dann entweder vor Erhalt der Mitteilung über den Schluss des Verfahrens zurückgenommen wird oder der Antrag zurückgewiesen wird, 50 % der zur Verfahrenseinleitung gezahlten Amtsgebühren (wenn der Antrag auf Beitritt ab dem 30. Juni 2016 zurückgenommen oder zurückgewiesen wird), und
falls ein Verfahren beim IPTAB eingeleitet wird, aber aufgrund Nichterfüllung formaler Anforderungen nach dem Patentgesetz rechtskräftig als unzulässig verworfen wird, 50 % der zur Verfahrenseinleitung gezahlten Amtsgebühren (wenn die Zurückweisung ab dem 30. Juni 2016 rechtskräftig wird).
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